Twiehauser Bach, nördl. "Am Staatsforst": Aufweitung und Aufwertung
Wasserverband Große Aue für die Gemeinde Stemwede
Gewässer:
Twiehauser Bach, GWK 476218, Abschnitt 3+900 bis 4+220
Bereich:
nördlich der Straße „Am Staatsforst“
Art der Maßnahme:
Aufweitung des Gewässerprofils, ökologische Aufwertung der Sohl- und Uferstrukturen, Initiierung eigendynamischer Entwicklungsprozesse.
Durchführung:
Ende Juli bis Mitte September 2015
Die europäische Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) fordert, dass sämtliche Gewässer in einen „ökologisch guten Zustand“ zu entwickeln sind, d. h. dass die typischerweise vorkommenden Tier- und Pflanzenarten dort einen geeigneten Lebensraum finden. Dazu gehören eine gute Wasserqualität und das Vorhandensein naturnaher Sohl-, Ufer- und Umfeldstrukturen. Mit einer Fließlänge von gut 10 km zählt der Twiehauser Bach zu den im Rahmen der EU-WRRL berichtspflichtigen Gewässern.
Der Twiehauser Bach ist dem LAWA Gewässertyp „Sandgepräger Tieflandbach“ zugeordnet. Sein Verlauf beginnt nördlich der L776. Nach einer Fließstrecke von über 10 km mündet er in den Großen Dieckfluss ein. Eine Quelle im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Das Gewässerumfeld im Oberlauf ist überwiegend von organogenen Böden geprägt mit einem Schwerpunkt im Bereich des Naturschutzgebietes Rethlage. Im Oberlauf müsste der Twiehauser Bach eigentlich zu den organisch geprägten Tieflandbächen gezählt werden (vgl. SCHWENGEL FÜR DEN WASSERVERBAND GROßE AUE, 2015). Im weiteren Verlauf geht er in den Gewässertyp „Sandgeprägter Tieflandbach“ über.
Unter natürlichen Bedingungen stellt sich der sandgeprägte Tieflandbach als mäandrierendes Fließgewässer in einem flachen Mulden- oder breiten Sohlental dar. Prall- und Gleithänge sind deutlich ausgebildet. Neben der dominierenden Sandfraktion finden sich lokal Tone und Mergel. Auch Kiese kommen in nennenswerten Anteilen vor, Kiesbänke auf der Bachsohle sind durchaus typisch für den sandgeprägten Tieflandbach. Wichtige sekundäre Habitatstrukturen stellen z. B. Totholz, Erlenwurzeln, Wasserspflanzen und Falllaub dar. Die sandgeprägten Fließgewässer sind von ihrer besonderen Dynamik mit Uferabbrüchen und Altarmbildung geprägt. (vgl. SCHWENGEL FÜR DEN WASSERVERBAND GROßE AUE, 2015).
Tatsächlich stellt sich der Twiehauser Bach als begradigter, in einem Regelprofil festgelegter stark veränderter Gewässerlauf dar. Häufig sind die Sohle und die Ufer mit Steinen befestigt, abschnittsweise wirkt ein einseitiger oder auch beidseitiger dichter Erlenaufwuchs in den Uferböschungen wie ein technischer Verbau, man spricht von „Lebendverbau“. Sohl- und Uferstrukturen wurden überwiegend mit Strukturgüte 7 (übermäßig geschädigt) oder 6 (sehr stark geschädigt) bewertet. Nur entlang kurzer Fließstrecken wurden die Sohle und die Gewässerufer mit Strukturgüte 5 (stark geschädigt) oder besser bewertet. Auch bei der Bewertung des Gewässerumfeldes überwiegen die Strukturgüteklassen 7, 6 und 5, abschnittsweise 4 (deutlich geschädigt). Nur einzelne, sehr kurze bewaldete Gewässerabschnitte fallen mit Strukturgüteklasse 2 als nur gering beeinträchtigt ins Auge (vgl. SCHWENGEL FÜR DEN WASSERVERBAND GROßE AUE, 2015, KARTE GEWÄSSERSTRUKTURGÜTE).
Ab 2015 werden nun Maßnahmen zur naturnäheren Entwicklung des Twiehauser Baches in Angriff genommen. In einem 2 km langen Gewässerabschnitt zwischen den Straßen „Am Staatsforst“ und „Hollweder Straße“ in Stemwede gibt es sehr günstige Rahmenbedingungen für eine naturnähere Entwicklung. Hier grenzen linksseitig durchgängig, abschnittsweise sogar beidseitig Waldflächen an den Twiehauser Bach an, die im Eigentum des Landesbetriebes Wald und Holz NRW stehen. Aufgrund der recht munteren Fließbewegung in diesem Abschnitt und der angrenzenden Flächen in öffentlichem Eigentum wird ein hohes Potenzial für eine naturnähere Entwicklung des Gewässerabschnittes und die Initiierung eigendynamischer Entwicklungsprozesse gesehen.
Bis zur Hollweder Straße verläuft rechts entlang des Baches ein durchgehender Unterhaltungsweg, der in seiner Funktion erhalten werden soll, weil Unterhaltungsarbeiten zur Sicherstellung des Wasserabflusses auch künftig als notwendig erachtet werden. Der nur abschnittsweise linksseitig verlaufende Unterhaltungsweg wird zugunsten einer naturnäheren Entwicklung des Gewässerabschnittes aufgegeben.
Im Juli 2015 wurde ein erster 300 m langer Bauabschnitt nördlich der Straße „Am Staatsforst“ in Angriff genommen.
Abb. 1: Übersicht - Luftbild mit Maßnahmenbereich
(durch Klick auf die Karte erscheint diese in PDF-Qualität)
Nachdem der Wasserspiegel ausreichend abgesunken war, wurden die Arbeiten fortgeführt.
Die entlang der linksseitigen Uferlinie freigespülten Wurzelreste wurden entnommen, abschnittsweise wurden Uferbereiche bis knapp oberhalb der Mittelwasserlinie abgesenkt. Die entlang des rechten Ufers abgetragenen Bermen wurden wieder soweit aufgehöht, dass sie erst bei deutlich erhöhten Abflüssen überströmt werden.
Das Ergebnis der Maßnahmen kann sich sehen lassen: Es ist ein mit Totholzelementen angereicherter Gewässerabschnitt mit vielfältigen Sohlsubstraten, variierenden Sohlbreiten und -tiefen sowie abwechslungsreichen Uferbereichen mit Wasserwechselzonen entstanden.
Literatur:
SCHWENGEL FÜR DEN WASSERVERBAND GROßE AUE 2015: KONZEPT ZUR NATURNAHEN ENTWICKLUNG DER BERICHTSPFLICHTIGEN FLIEßGEWÄSSER IM BEREICH GEMEINDE STEMWEDE UND STADT RAHDEN (ENTWURFSFASSUNG)..