Kilverbach, östl. „Im Niederfeld“: Bachverlegung in das Tal
Gemeinde Rödinghausen, östlich der Straße „Im Niederfeld“
Gewässer:
Kilverbach, Gewässerkennzahl (GWK) 46654 nordöstlicher Seitenarm, Gewässerstationierung 0+200 - 0+430
Art der Maßnahme:
Verlegung vom geradlinig verlaufenden und tief eingeschnittenen Mittelgebirgsbach weg von der Straße nach Osten mitten durch die angrenzende Talung. Modellierung eines geschwungenen Bachlaufes mit breitem und flachem Gewässerprofil. Der Bodenaushub wird für die Verfüllung des kompakten Abflussprofils vom alten Gewässerlauf verwendet.
Umsetzung:
12.06.2019 – 30.08.2019
Bild 1 (September 2019): Blick in Fließrichtung auf den von nun an mitten durch den Talraum strömenden Kilverbach. Inzwischen hat das fließende Wasser reichlich Bachsediment talwärts befördert und zur Ausbildung von kleinen Längsinseln geführt.
Einleitung:
Der nordöstliche Seitenarm vom Kilverbach (ehem. Hauptlauf) verläuft unmittelbar parallel der Straße „Im Niederfeld“ ähnlich einem Wegeseitengraben. Begleitet wird das Fließgewässer von standorttypischen Schwarzerlen und Gemeinen Eschen sowie zahlreichen Kopfweiden. Die verhältnismäßig trockene Niederung ist von einer dichten Hochstaudenflur bestanden, wobei die Brennnessel neben kleinflächiger Erlensukzession und Brombeergebüsch dominiert. Durch den tief eingeschnittenen Bach ergibt sich eine typische Drainagewirkung. Das hat zur Folge, dass der Grundwasserstand merklich abgefallen ist und keine typischen Feuchteanzeiger mehr in der Vegetationsschicht vorhanden sind. Im unteren Bachabschnitt existiert eine verrohrte Überfahrt (DN 1.000), die als Zuwegung für das südliche Niederungsareal dient. Einzelne Regenwasserleitungen und Drainagen verlaufen unter der asphaltierten Straße hindurch und münden in das Fließgewässer.
Durch die seinerzeit erfolgte Bachbegradigung mit entsprechender Laufverkürzung hat sich das Längsgefälle vom Wasserlauf entsprechend erhöht. In Analogie dazu ist darauf hinzuweisen, dass sich das recht dichte Siedlungsgebiet der Gemeinde mit hohem Talgefälle unmittelbar nördlich anschließt.
Vor diesem Hintergrund wird die hydraulische Belastung deutlich, da sich das Fließgewässer mittlerweile tief in den Untergrund eingeschnitten hat. Infolge der zunehmenden Sohleintiefung rutschen die unterspülten Böschungen nach und wurden fortgespült. Folglich hat sich mittlerweile ein kompaktes Abflussprofil ausgebildet. Ein sog. Hochwasserschlauch bewegt sich bei erhöhten Abflüssen rasch talwärts ohne in die Niederung auszuufern. Infolgedessen steigt in bebauten Gebieten die Hochwassergefahr mit einhergehenden volkswirtschaftlichen Schäden.
Aus ökologischer Sicht entsteht bei unnatürlich hohen Abflüssen hydraulischer Stress für die Bachorganismen. Diese werden neben Pflanzenteilen (u.a. Diasporen) in einem immer kürzer werdenden Turnus verdriftet und rasch talwärts gespült. Gerade an derartige Wechselwirkungen (zwischen nassen und trockenen Phasen) optimal angepasste Lebensgemeinschaften leiden unter einem derartigen vom Menschen verschärften Phänomen. Bleibt eine Wiederbesiedlung aus angrenzenden Gewässerabschnitten jäh aus, können die Verluste nicht mehr kompensiert werden. Die Folge ist, dass die ursprünglich artenreichsten und dynamischsten Lebensgemeinschaften zunehmend verarmen oder gar aussterben.
Bild 2 (Oktober 2018): Blick in Fließrichtung auf den tief eingeschnittenen Mittelgebirgsbach nahe der Straße „Im Niederfeld“. Die Gewässersohle liegt abschnittsweise bis zu 3 m unter Geländeniveau.
Abb. 1: Ausschnitt aus der Genehmigungsplanung nach § 68 WHG
Ziel und Umsetzung der Maßnahme:
Wesentliches Ziel der wasserbaulichen Maßnahme ist die Wiederherstellung der Hydrodynamik in der einstigen Einheit von Bach und Aue. Dazu ist es erforderlich den tief eingeschnittenen und am Talrand verlaufenden Mittelgebirgsbach in Form eines geschwungenen Gewässerlaufes mit breitem und flachem Profil mitten durch die Niederung zu führen. Sodann ist es möglich, dass bei erhöhten Abflüssen der Kilverbach wieder ausufert, die Talung flutet und eigendynamische Entwicklungen initiiert.
Nach erfolgtem Herrichten des Baufeldes begann die Modellierung eines geschwungenen Bachlaufes mitten durch den sich östlich angrenzenden Talraum. Dazu wurde ein etwa 1,50 m breites und lediglich 0,20 m tiefes Gewässerprofil ausgekoffert. Der Aushubboden konnte seitlich entlang des alten Bachverlaufes zu einer Längsmiete aufgesetzt werden. Um den Gefällesprung zwischen neuem und altem Bachbett zu kompensieren, entstand im Unterwasser eine raue Sohlgleite. Neben der Wiederherstellung der Längsdurchgängigkeit unterbindet die Gleite zudem eine mögliche rückschreitende Sohlerosion.
Nachdem das Bachwasser durch den renaturierten Kilverbach talwärts strömte, wurden insgesamt drei Drainagen und eine Regenwasserleitung zwecks Beibehaltung der Vorflut an den neuen Bachlauf angeschlossen. Der Aushubboden diente zur Verfüllung des alten Bachlaufes. In dem Zuge erfolgte auch der komplette Rückbau der verrohrten Überfahrt, die fortan nicht mehr notwendig ist.
Bild 3 (August 2019): Ein geschwungener Gewässerlauf entsteht mitten in der recht trockenen und monotonen Niederung. Der Aushubboden wird per Dumper parallel des bestehenden Bachlaufes zu einer Längsmiete aufgesetzt.
Bild 4: (August 2019): Blick in Richtung Norden auf den geschwungenen Bachlauf, der den etwa 50 m breiten Talraum von nun an räumlich erfasst. Das Gewässerbett misst eine Breite von ca. 1,50 m und eine Tiefe von lediglich 0,20 m.
Bild 5 (September 2019): An dieser Stelle schwenkt der Gewässerlauf weg von der Straße in Richtung Talung. Von der Lage handelt sich dabei um eine typische Prallhangsituation, so dass eine Verwallung hergerichtet wird.
Bild 6 (September 2019): Blick auf den mit Wasserbausteinen stabilisierten neuen Prallhang. Hier schwenkt der Bach in einem annähernd 90° Bogen in Richtung östlicher Talung. Aufgrund des bestehenden Gehölzbestandes und der Nähe zum Retentionsfilterbecken war die Ausführung eines spitzen Fließwinkels nicht möglich.
Bild 7 (September 2019): Nach erfolgter Umleitung des Bachwassers sucht es sich allmählich seinen Weg talwärts durch das Trockengerinne.
Bild 8 (Oktober 2019): Inzwischen erfolgte der komplette Rückbau der verrohrten Überfahrt aus dem alten Bachlauf. Die anfallenden Betonelemente wurden zertrümmert und fachgerecht entsorgt.
Bild 9 (Oktober 2019): Blick talwärts auf den geschwungenen Bachlauf mitten durch die ebenerdige Talung, die bei erhöhten Abflüssen komplett geflutet wird.