Kilverbach, nordöstl. „Im Niederfeld“: Bachverlegung, Sohlanhebung, Sohlgleite
Gemeinde Rödinghausen, nordöstlich der Straße „Im Niederfeld“ Kreis Herford im Gemeindegebiet Rödinghausen, westlich des Sachsenweges unmittelbar an der Landesgrenze zu Niedersachsen
Gewässer:
Kilverbach, Gewässerkennzahl (GWK) 46654 nordöstlicher Seitenarm, Gewässerstationierung 0+430 - 0+530
Art der Maßnahme:
Bei der Umsetzung einer wasserbaulichen Maßnahme durch das WWE-Projekt fielen dem zuständigen Ingenieur Defizite am sich unmittelbar Bach aufwärts anschließenden Gewässerabschnitt auf. Dazu wurde kurzerhand ein sog. Nachtragsantrag zur wasserrechtlichen Erlaubnis erarbeitet. Inhaltlich ging es um die Teilverlegung eines stark eingetieften Gewässerabschnittes mit zuvor dichtem Brombeergebüsch auf nunmehr merklich höherem Sohlniveau. Dazu wurde ein recht flaches und breites Gewässerbett unmittelbar östlich vom bestehenden modelliert. Im Unterwasser konnte eine raue Sohlgleite im Übergang zum bestehenden Gewässerabschnitt zwecks Gefälleabbau angelegt werden. Weiter Bach abwärts bis etwa 10 m vor der mittlerweile abgeschlossenen Gewässerverlegung wurde noch die zuvor tief liegende Sohle mit naturnahen Baumaterialien gestaltet und angehoben.
Durchführung:
02.09.2019 – 11.10.2019
Bild 1 (Oktober 2019): Blick gegen die Fließrichtung auf den nun merklich höher und breiter strömenden Kilverbach mit rauer Sohlgleite im Übergang zum alten Bachabschnitt.
Einleitung:
Weiter Bach aufwärts der kurz zuvor angelaufenen Bachrenaturierung wurde beim Herrichten des Baufeldes festgestellt, dass ein etwa 20 m langer Gewässerabschnitt eine extreme Tiefenerosion aufweist. Auf Höhe des östlich angrenzenden Retentionsfilterbeckens liegt die Gewässersohle etwa 2,50 m unter Geländeniveau. Dabei wurde neben dem erosionslabilen Lößlehm auch der locker anstehende Tonmergel freigelegt und fortgespült. Sog. Böschungskehlen im Wurzelbereich der Uferbäume haben sich bereits ausgebildet. Die Standsicherheit einzelner Gehölze war gänzlich nicht mehr gewährleistet, so dass bereits mehrere Exemplare gefällt wurden. Zudem hat sich ein rund 0,60 m hoher Sohlabsturz mittlerweile ausgebildet.
Der nordöstliche Seitenarm vom Kilverbach (ehem. Hauptlauf) verläuft in gestreckter Form am rechten Talrand. Begleitet wird das Fließgewässer von standorttypischen Schwarzerlen und Gemeinen Eschen sowie vereinzelten Rotbuchen und Stieleichen.
Durch die seinerzeit erfolgte Bachbegradigung mit entsprechender Laufverkürzung hat sich das Längsgefälle vom Wasserlauf entsprechend erhöht. In Analogie dazu ist darauf hinzuweisen, dass sich das recht dichte Siedlungsgebiet der Gemeinde mit hohem Talgefälle unmittelbar nördlich anschließt.
Vor diesem Hintergrund wird die hydraulische Belastung ersichtlich, da sich das Fließgewässer mittlerweile tief in den Untergrund eingeschnitten hat. Infolge der zunehmenden Sohleintiefung rutschen die unterspülten Böschungen nach und werden fortgespült. Folglich hat sich mittlerweile ein kompaktes Abflussprofil ausgebildet. Ein sog. Hochwasserschlauch bewegt sich bei erhöhten Abflüssen rasch talwärts ohne in die Niederung auszuufern. Infolgedessen steigt in bebauten Gebieten die Hochwassergefahr mit einhergehenden volkswirtschaftlichen Schäden.
Aus ökologischer Sicht entsteht bei unnatürlich hohen Abflüssen hydraulischer Stress für die Bachorganismen. Diese werden neben Pflanzenteilen (u.a. Diasporen) in einem immer kürzer werdenden Turnus verdriftet und rasch talwärts gespült. Gerade an derartige Wechselwirkungen (zwischen nassen und trockenen Phasen) optimal angepasste Lebensgemeinschaften leiden unter einem derartigen vom Menschen verschärften Phänomen. Bleibt eine Wiederbesiedlung aus angrenzenden Gewässerabschnitten jäh aus, können die Verluste nicht mehr kompensiert werden. Die Folge ist, dass die ursprünglich artenreichsten und dynamischsten Lebensgemeinschaften zunehmend verarmen oder gar aussterben.
Bild 2 (September 2019): Blick in Fließrichtung auf den tief eingeschnittenen Mittelgebirgsbach westlich vom Retentionsfilterbecken (rechts). Die Gewässersohle liegt in diesem Abschnitt knapp 2,50 m unter Geländeniveau.
Abb. 1: Ausschnitt aus der Genehmigungsplanung nach § 68 WHG
Ziel und Umsetzung der Maßnahme:
Wesentliches Ziel der wasserbaulichen Maßnahme ist die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit sowie die Anhebung der extrem eingetieften Gewässersohle. Dazu ist eine Teilverlegung auf knapp 20 Fließmetern vorgesehen, wobei die renaturierte Bachsohle nunmehr 0,80 m unter Geländeniveau liegt.
Zu Beginn der kleinräumigen Erdbaumaßnahme wurde ein neues Bachbett mit einer Tiefe von etwa 0,80 m und einer Breite von 1,80 m modelliert. Der Aushubboden wurde seitlich zu einer kleinen Bodenmiete aufgesetzt. Weiterer Füllboden konnte aus dem angrenzenden Baufeld von weiter Bach abwärts angeliefert werden. Es begann die Verfüllung des alten, sehr kompakten Gewässerbettes. Zeitgleich musste das Bachwasser mittels einer Saugpumpe um den etwa 20 m langen Bachabschnitt herumgeführt werden. Der sich ergebende Rückstau von rund 10 m ist marginal und unterbindet eine mögliche Sohlerosion weiter Bach aufwärts. Gleichzeitig konnte der vorhandene Sohlabsturz durch Einbau von Senkfaschinen und Wasserbausteinen kompensiert werden. Es wurde sichergestellt, dass das Bachwasser von nun an oberirdisch strömt.
Der neu entstandene Prallhang musste zusätzlich mit Wasserbausteinen stabilisiert werden. In Analogie dazu erfolgte im Übergansbereich zum bestehenden Gewässerabschnitt 20 m talwärts der Einbau von zuvor gerodeten Wurzelstubben. Diese wurden mit Pflöcken gesichert und sind als sog. Widerlager in der Sohlgleite eingebunden. Des Weiteren erfolgte der Einbau von Senkfaschinen, Wasserbausteinen und Schotter auf der bestehenden und (zuvor) knapp 1,60 m unter Geländeniveau anstehenden Bachsohle. Letztendlich musste der sich ergebende Sohlsprung mittels Herstellung einer rauen Sohlgleite kompensiert werden. Diese Form der Sohlanhebung setzte sich bis etwa 10 m vor dem Anfangspunkt des 1. Bauabschnittes mit Verschwenken des Gewässerlaufes weg von der Straße in die östliche Niederung fort.
Bild 3 (September 2019): Zunächst wurde anfallender Aushubboden vom 1. Bauabschnitt heran transportiert und nahe des Kilverbaches zwischengelagert. Der Schlauch mit Saugpumpe lag zwecks Wasserhaltung bereit.
Bild 4 (September 2019): Der ausgekofferte Boden für die Bettmodellierung konnte direkt in den alten Verlauf eingebaut werden. Damit es zu keiner Vermischung mit dem Füllboden kam, wurde das Bachwasser am Baufeld vorbei gepumpt.
Bild 5: (September 2019): Der neue etwa 20 m lange Bachabschnitt auf merklich höherem Sohlniveau ist fertig gestellt. Im UW (bestehender Bachlauf) wurden bereits zwei Wurzelstubben als Widerlager für die Sohlgleite eingebaut.
Bild 6 (September 2019): Blick Bach abwärts auf die manuelle Feinmodellierung von angefülltem Boden im ehemaligen Bachverlauf und den Einbau von Wasserbausteinen zur Böschungsstabilisierung vom neuen Prallhang (rechts unten).
Bild 7 (September 2019): Das Baumaterial für die nachfolgende raue Sohlgleite und der Sohlanhebung liegt bereits an der Einbaustelle.
Bild 8 (Oktober 2019): Blick Bach abwärts auf den lediglich 0,80 m unter Geländeniveau strömenden Kilverbach. Die linke, frisch angeschnittene Bachböschung musste mit Faschinen stabilisiert werden, da der anstehende Lösslehm stark erosionslabil ist.