Borstenbach, OT Rehme, Benninger Straße: Modellierung einer Sekundäraue mit geschwungenem Bachlauf
Kommune:
Stadt Bad Oeynhausen, OT Rehme im Bereich der Benninger Straße
Gewässer:
Borstenbach, Gewässerkennzahl (GWK) 45992 und Gewässerstationierung 2+880 – 3+010
Art der Maßnahme:
Modellierung einer Sekundäraue westlich des Borstenbaches und Herstellung eines leicht geschwungenen Bachlaufes mit flachem und breitem Gewässerbett. Anbindung des renaturierten Bachabschnittes an einen um ca. 8 m weiter westlich eingebauten neuen Straßendurchlass „Benninger Straße“.
Umsetzung:
Juni bis Juli 2017, April 2018, Juli bis September 2018
Bild 1 (15. Januar 2018): Blick Bach aufwärts auf den leicht geschwungenen Bachlauf mit Naturprofil. Der alte Gewässerverlauf lag unmittelbar parallel der Straße (links im Bild). Der geschulte Betrachter hat eine grobe Vorstellung davon, wie viel Boden für die Sekundäraue abgetragen wurde.
Einleitung:
In den zurückliegenden Jahren wurden im Rahmen des WWE-Projektes schon viele wasserbauliche Maßnahmen, z.T. mit Abschnitten über mehrere Hundert Meter am Borstenbach umgesetzt. Ökologisch stark beeinträchtigte Bereiche konnten so in einen naturnahen Zustand zurück versetzt werden. Neben dem Rückbau von naturfernem Uferverbau erfolgten Erdarbeiten zur Aufweitung des Bachbettes. Abschnittsweise konnten sogar je nach Flächenverfügbarkeit Sekundärauen (im Stadtgebiet!) angelegt werden. Mithin ist die sog. Primäraue vom Borstenbach abschnittsweise durch Verfüllung und/ oder Überbauung nicht mehr im Gelände zu rekonstruieren und ohnehin utopisch zu reaktivieren. Diesbezüglich macht es aus naturschutzfachlicher Seite Sinn, eine zumindest schmaler ausgebildete Zweitaue unmittelbar entlang des Fließgewässers zu modellieren. In dieser auf merklich tiefer liegendem Niveau der Niederung kommt es bereits bei leicht erhöhten Abflüssen zu einer schnelleren Ausuferung und damit einhergehenden eigendynamischen bzw. hydromorphologischen Entwicklungen im Bach und seiner (Kleinst)Aue. Die höher liegenden Areale bleiben davon ausgespart.
Auf einen etwa 130 m langen Gewässerabschnitt verläuft der Borstenbach unmittelbar parallel der Bachstraße. In der Projektion beträgt der Abstand zwischen Böschungsoberkante Bach und Straße stellenweise lediglich wenige Dezimeter. Eine natürlich ablaufende Gewässerentwicklung mit typischer Breitenerosion wird durch wiederkehrende Unterhaltungsarbeiten aus dem Straßenbau stets zunichte gemacht.
Beim gestreckt verlaufenden Borstenbach hat sich inzwischen ein sehr kompaktes Gewässerprofil ausgebildet. Infolgedessen kommt es bei erhöhten Abflüssen nur noch selten zu Ausuferungen in die angrenzende Niederung. Dabei bewegt sich ein sog. Hochwasserschlauch schnell talwärts und führt in besiedelten Gebieten zu großräumigen Überflutungen mit daraus resultierenden hohen volkswirtschaftlichen Schäden. Für das Bachbett führen derartige Abflüsse zu starkem hydraulischen Stress, was das Abdriften von Bachorganismen zur Folge hat. Dagegen erfolgt in einer natürlichen bzw. naturnahen Bachaue ein großer Teil des Abflusses über die Niederung. Hierbei wird das Biotop „Bach“ wesentlich entlastet. Es laufen eigendynamische Entwicklungen in der Gewässeraue ab, die letztendlich die Artenvielfalt im stark gefährdeten Ökosystem „Gewässeraue“ merklich erhöhen. Im nördlichen Abschnitt hat die einst tief liegende Fläche seinen früheren Niederungscharakter verloren. Um bis zu 1 m wurde das Areal zwischenzeitig aufgefüllt, so dass typische und seltene Pflanzen- und Tiergemeinschaften nicht mehr vorkommen.
Zur dauerhaften Sicherung der ökologisch aufzuwertenden Fläche erfolgte ein notwendiger Grunderwerb parallel zur Erarbeitung einer Genehmigungsplanung.
Bild 2 (18. Dezember 2016): Blick gegen die Fließrichtung auf den unmittelbar parallel der Bachstraße verlaufenden Borstenbach.
Ziel und Umsetzung der Maßnahme:
Hauptziel der wasserbaulichen Maßnahme ist die Reaktivierung eigendynamischer Entwicklungen in der Gewässeraue. Dazu wird zunächst westlich eine Sekundäraue modelliert und anschließend ein leicht geschwungener Bachlauf. Durch die neue Trassenführung wird ein neuer Straßendurchlass etwa 8 m westlich vom alten eingebaut und der renaturierte Bach angeschlossen.
Zu Beginn der Baumaßnahme mussten einzelne Gehölze, die in der neuen Bachtrasse standen gerodet werden. Danach begannen die umfangreichen Erdarbeiten zur Modellierung einer etwa 15 m breiten Sekundäraue. Dabei mussten zwei mächtige Stieleichen mit breiter Krone ausreichend weit vom Bodenabtrag ausgespart bleiben. Der anfallende Boden wurde zu einer Längsmiete parallel der Straße aufgesetzt und musste angesichts Platzmangels durch eine Tiefbaufirma in zwei Etappen abgefahren werden.
Nachdem das Planum der Zweitaue fertig gestellt war, mussten eine private Trink- und Schmutzwasserleitung - die beide zwischenzeitig auf Geländeniveau lagen (!) - noch um etwa 1 m tiefer gelegt werden. Erst danach konnte ein leicht geschwungener Bachlauf mit breitem und flachem Gewässerbett ausgekoffert werden. Zwischen Benninger Straße und Bahntrasse wurde gleichermaßen eine Zweitaue modelliert und der neue Bachabschnitt in einem spitzen Winkel an den bestehenden, alten Gewässerlauf angeschlossen.
Im Spätfrühjahr hat eine Tiefbaufirma den neuen Stahlbetonrahmen etwa 8 m westlich vom alten Durchlass eingebaut. Das Fließgewässer sollte nicht wieder unmittelbar an die Bachstraße herangeführt werden. Somit war der alte Durchlass fortan unbrauchbar. Im Oberwasser vom neuen Durchlass musste eine raue Sohlgleite hergestellt werden, um den Sohlsprung (ca. 30 cm) vom flachen Bachbett im zu kompensieren. Dagegen erfolgte im Unterwasser der Einbau von Wasserbausteinen als Widerlager, damit die 20 cm hohe Sedimentauflage auf der Betonsohle nicht abgespült wird.
Nachdem die Restarbeiten im renaturierten Trockengerinne erfolgreich abgeschlossen waren, erfolgte die Umleitung des Bachwassers in das neue Gerinne. Dazu wurde eine kleine Verwallung mit mineralischem Unterboden auf der Bachsohle hergestellt. Da es sich um einen klassischen Prallhang in unmittelbarer Nähe zur Straße handelt, musste die frisch angedeckte Böschung mit großen Bruchsteinen (sog. Störsteine) stabilisiert werden. Danach erfolgte die Entnahme von natürlichem Sohlsubstrat aus dem alten Bachabschnitt, das in das renaturierte Gewässerbett eingebracht wurde. Im Anschluss daran fand die Verfüllung des alten Bachabschnittes statt. Zum Schluss wurden die Rohbodenareale mit einer Kräuter-Grasmischung eingesät und standorttypische Gehölze gepflanzt.
Abb. 1: Ausschnitt aus der Genehmigungsplanung.
Bild 3 (8. Juni 2017): Im westlichen Areal erfolgten umfangreiche Erdarbeiten bei der Modellierung einer Zweitaue.
Bild 4 (12. Juni 2017): Im nordwestlichen Abschnitt wurde gleichermaßen eine Sekundäraue als auch ein neues Bachgerinne angelegt. Nach Westen musste auf einer schmalen Parzelle eine Längsmiete aufgesetzt werden.
Bild 5 (20. Juni 2017): Nahe der sich nach Südwesten anschließenden Ackerfläche musste Boden mit einer Tiefe von bis zu 1,70 m abgetragen werden. Im Hintergrund ist die Längsmiete nahe der Benninger Straße zu erkennen.
Bild 6 (21. Juli 2017): Mittlerweile sind die Sekundäraue und das neue Bachbett fertig gestellt. Die recht steile Böschung wurde mit Weidenpflöcken bestückt und die Rohbodenflächen eingesät.
Bild 7 (26. April 2018): Die beauftragte Tiefbaufirma hat den neuen Straßendurchlass bereits eingebaut und führt letzte Arbeiten durch. Inzwischen hat sich die modellierte Niederung begrünt.
Bild 8 (6. Juli 2018): Im Oberwasser des neuen Straßendurchlasses war es erforderlich, eine raue Sohlgleite anzulegen. Zudem mussten die vier Flanken mit Wasserbausteinen stabilisiert werden.
Bild 9 (10. Juli 2018): Zur Umleitung des Bachwassers weg von der Straße wurde eine Verwallung aus bindigem Boden hergestellt.
Bild 10 (10. Juli 2018): Blick gegen die Fließrichtung auf den durchströmten Durchlass mit Anbindung an den bestehenden Bachabschnitt kurz vor der Bahnunterquerung.
Bild 11 (11. Juli 2018): Eine beauftragte Tiefbaufirma setzte zur Böschungsstabilisierung große Bruchsteine (sog. Störsteine) am neuen Prallhang.
Bild 12 (13. Juli 2018): Nachdem die Fische vom alten in den neuen Bachabschnitt umgesetzt wurden, erfolgte vor der Bettverfüllung das Einbringen von Geschiebe.
Bild 13 (27. September 2018): Blick in Fließrichtung auf den stabilisierten Prallhang, der das Bachwasser in den renaturierten Borstenbach lenkt.
Bild 14 (27. September 2018): Die Gewässerbreite vom renaturierten Borstenbach beträgt nun etwa 3,50 m im Gegensatz zu vormals durchschnittlich 1,80 m. Innerhalb kürzester Zeit haben sich durch den Eintrag von Geschiebe natürliche Strukturen auf der Bachsohle eingestellt.